Samstag, 19. März 2011

Postkarten

Mir ist grade beim Aufräumen ein Stapel ungeschriebene Postkarten in die Hände gefallen und ich hab festgestellt, ich glaub ich hab sehr wenige Karten geschrieben... hab auch schon ziemlich vergessen, wer schon eine bekommen hat und wer nicht. Also, wem es wichtig ist, (noch) eine (zweite) Postkarte von mir zu haben, kann sich baldmöglichst so kurz bei mir melden? (Am besten mit Adresse) Wahrscheinlich werd ich an die meisten trotzdem denken, aber nur so zur Sicherheit... Ich fahr heute nach Tel Aviv, (obwohl ich eigentlich putzen müsste, ) und werd da hoffentlich am Strand in der Sonne sitzen und Postkarten schreiben. (Und putzen ist heute abend auch noch ok, oder morgen.)

Montag, 14. März 2011

Nationalparks

Abgesehn von der Übernachtung in der Wüste gab es natürlich auch noch andere Sachen zu sehn. Möglicherweise sagen Bilder da mehr als tausend Worte. In Haifa hats geregnet, in der Wüste ein paar Stunden Autofahrt später dann nicht mehr.
Ein Gedi National Park

Ein Avdat National Park

ne, so spannend wars eigentlich nicht ;-)

Bei der Rückfahrt hats wieder geregnet, nen Regenbogen haben wir auch gesehn, einen schweren Verkehrsunfall und wenig später noch ein brennendes Auto. (Das war ehrlich gesagt auch ziemlich gruselig, hab sowas noch nie gesehn, und der Typ vor uns hat direkt neben dem brennenden Auto angehalten und erstmal geguckt. Während wir das irgendwie nicht so toll fanden - eigentlich wollten wir ja nicht stehen bleiben und rausfinden, ob das Auto auch explodieren kann. Ich hatte wegen dem Regenbogen sogar noch meine Kamera in der Hand, war aber viel zu geschockt, um ein Bild zu machen. Zum Glück gabs den Seitenstreifen und wir konnten ohne größere Verzögerung abhauen, während der Typ noch geguckt hat...)
Regenbogen bei der Rückfahrt

horror story in the desert

Es ist schon seit Stunden dunkel, als wir vier Mädels im Auto auf einer steilen kurvenreichen Strecke durch die Wüste fahren. Wir haben eine Reservierung für die Nacht in einem Beduinenzelt. Zwar versuchen wir schon seit zwei Stunden vergeblich, die Leute dort telefonisch zu erreichen, haben uns aber trotzdem entschlossen, den Ort noch zu suchen. Es ist erst zehn Uhr abends, aber die nächste Ortschaft ist schon meilenweit entfernt und die Wüste um uns herum stockdunkel, als wir an der letzten Abzweigung ankommen. Ein so kleiner Feldweg geht direkt unter dem Wegweiser von der Straße ab, dass wir es erst nicht glauben können und weiterfahren: "This can not be the way, for sure." Kurze Zeit später an einer ähnlichen Abzweigung: "Maybe that was the way." Also umgedreht und auf den Feldweg. Zwei Kilometer im Schneckentempo wegen der Schlaglöcher später, im Dunkel um uns herum nichts außer Wüste und herumliegende Steinbrocken, hieß es: "Girls, everyone lock your door from the inside. If someone jumps from behind one of those rocks..." und irgendwie bekommen wir alle ein bisschen Angst. Und dann, kurze Zeit später, ein verlassener Parkplatz. Keine Menschenseele zu sehen, Hundegebell aus einer kleinen Hütte und ein paar große halboffene Zelte im Halbkreis um den Parkplatz. In einem Zelt brennt Licht, ansonsten ist es völlig leer. Wir sitzen noch im Auto und bemühen uns, etwas zu erkennen, während wir noch diskutieren, ob man besser umdrehen und schnellstmöglich das Weite suchen soll. Keine von uns hat Handyempfang. Aber das nächste Dorf war zwanzig Kilometer entfernt, daher entscheiden wir uns, auszusteigen. Langsam gehen wir auf eine Hütte zu, in der normalerweise wohl jemand sitzt und Besucher in Empfang nehmen könnte. Die Hunde bellen immer noch und man hört unsere Schritte auf dem Kies, sonst ist es totenstill und kalt. An der Rezeption ist niemand zu sehen und wir beraten wieder, ob wir doch besser umkehren sollten, als hinter uns jemand ruft: "Hello! Come here!" Beim Näherkommen sehen wir ein paar alte Sofas in einem der Zelte stehen, am Rand brennt noch ein schwaches Feuer im Ofen. Auf einem der Sofas liegt in Decken gewickelt ein Mann, der sich jetzt halb aufrichtet und uns ansieht. "You have a reservation? Four People?" Ja, genau diese vier Leute sind wir. "You still want to sleep here? Is it okay to sleep here? You have sleeping bags?" Ja, wir haben Sachen im Auto und gehen zurück, um sie zu holen. Stattdessen setzen wir uns aber zuerst nochmals alle ins sichere Auto und besprechen die Situation, bis der Verwalter aufsteht und näher kommt. Wir steigen wieder aus und er zeigt uns einen durch herabhängende dicke Teppiche abgetrennten Bereich in einem der Zelte, wo wir schlafen können. Nachdem wir unsere Decken aus dem Auto geholt haben, legen wir uns zusammen hinten auf ein selbstgebautes Matratzenlager und schlafen ein. In der Nacht werden wir mehrmals von Flugzeugen mit Überschallgeschwindigkeit geweckt und müssen uns selbst im Halbschlaf immer wieder sagen, dass es keinen Grund gibt, wieso hier und jetzt Bomben fallen sollten, nur weil wir da sind. Einige Vögel picken frühmorgens alte Essensreste vom Zeltboden auf, und der Hund läuft bellend um die Zelte. Frühmorgens um sechs wachen wir von der Sonne auf, schauen nach der Uhrzeit und beschließen weiterzuschlafen. Um 07:46 bebt die Erde in Japan. Ohne davon zu wissen, stehen wir später auf und stellen bei einem leckeren Frühstück fest, dass das Beduinencamp total schön und bei Sonnenlicht überhaupt nicht gruselig ist. Außerdem befinden wir uns direkt im Ramon Krater mitten in der Wüste, die Straße zurück entlangzufahren wird vor allem wegen der genialen Natur um uns herum vielleicht eine meiner schönsten Erinnerungen sein, und die Nacht eine der spannendsten Geschichten zum Erzählen. Vielleicht hab ich einiges ein bisschen übertrieben und ein paar Details dazuerfunden, aber im Großen und Ganzen hat sich alles so abgespielt. Fotos vom Camp am Morgen danach:

Dienstag, 8. März 2011

update on my schedule

Da Abby aus der Nachbar-WG gerade nen Blogpost schreibt (der sicher wie immer zehntausendmal länger und spannender wird als meiner), fühl ich mich ein bisschen obliged verpflichtet, auch mal wieder was von mir hören zu lassen. I guess it would be more easy to Vielleicht weil ich die letzten paar Tage viel Zeit mit Abby verbracht hab, fühl ich mich wirklich nicht mehr soo zu Hause in der deutschen Sprache (oder hab ich "i don't feel at home" gemeint?). Komisch eigentlich, dass das erst jetzt kurz vor dem Ende des Auslandssemesters kommt.
Auf jeden Fall, die letzte Zeit ist sehr gechillt verlaufen (nicht dass der Rest des Semesters anders war). Abgesehen von einigen Abschiedsparties und Verabschiedungen von liebgewordenen Mit-'exchange students' gab es einige Mädelsabende mit Filmegucken, Schokolade und Matratzenlager. Bin sogar ins Kino gekommen endlich mal! Da hier alle Filme in Originalsprache mit Untertiteln gezeigt werden, hat man im Kino als Ausländer keine Probleme, höchstens man ist noch von den deutschen Sychronisationen verwöhnt.

Auch bei mir in der WG ist so langsam ein bisschen mehr Leben eingekehrt, zum einen versteh ich mich immer besser mit meiner Lieblingsmitbewohnerin Rita und wir sitzen immer öfter und immer länger zusammen in der Küche und quatschen, während eine von uns kocht oder wir zusammen Kaffee trinken. Manchmal ist es schon echt spannend, wie die Menschen überall auf der Welt die gleichen Sachen denken und die gleichen Probleme haben. Und wie andrerseits auch vieles so ganz anders ist, so dass man manchmal echt lange braucht, um überhaupt zu verstehen, dass man sich grade missverstanden hat. Ich hoffe sehr, dass wir in Kontakt bleiben können, während sie noch ihren Abschluss macht und danach sechs Jahre(!) zum Militär muss. Ich sollte wirklich wirklich meine Kontakt-halten-Fähigkeiten verbessern...

Zweiter Grund, dass in der WG mehr Leben ist (Ach ja, ich sollte vielleicht noch erwähnen, dass wieder ein paar Deutsche angekommen sind und wir für den Rest meines Aufenthalts eine Mitbewohnerin mehr haben), sind die Friday-Night-Dinner bei mir, die Abby und ich jetzt schon zwei mal "veranstaltet" haben. Wir hatten beidesmal 10-15 Leute da, was der Platz im Wohnzimmer grade noch so ausgehalten hat. Obwohl wir beide jedesmal nachmittags einen Moment der Panik hatten (sagt man Moment der Panik?? irgendwie klingt das so englisch), dass das Essen nicht reichen wird, und daraufhin natürlich viel zu viel gekocht hatten; und obwohl es auch irgendwie anstrengend ist, für so viele Kleinigkeiten verantwortlich zu sein; und obwohl es einfach nicht mehr dasselbe Dinner ist wie früher bei Timo und wir das vermissen...; hm jetzt hab ich so viele negative Punkte erzählt, dass es irgendwie ganz komisch klingt - naja eigentlich wollte ich sagen, dass das Dinner extrem viel Spaß macht und ich es unbedingt weitermachen will bis ich gehe. Den andern scheint es anscheinend auch zu gefallen, da in der zweiten Woche noch mehr Leute gekommen sind als beim ersten Mal...


Ansonsten war ich auf zwei Day-Trips, die von Byron (ok, beschließe, ich nenne jetzt einfach alle Namen, hab schon damit angefangen in diesem Post) organisiert wurde. Beim ersten hab ich endlich mal die Führung durch die Bahaii-Gärten mitgemacht, Tamar ein bisschen besser kennengelernt, im japanischen Kunstmuseum vor allem ein echt komisches lustiges Video gesehen, bin zum zweiten Mal mit der U-Bahn gefahren (ist eher so ne unterirdische Geister-Bergbahn), war seit langem mal wieder in der German Colony und hab da gefühlt noch-fast-rohes Fleisch gegessen (war interessant, aber nie wieder!).


Der zweite Day-Trip ging nach Kesarja (so wird Caesarea auf Hebräisch ausgesprochen), was echt einer der schönsten Orte in Israel ist. Wir hatten wunderbares Wetter, obwohl es anscheinend nicht so im Wetterbericht stand, haben versteckte Plätze entdeckt und sind im Wasser auf Herodes' Ruinen rumgeklettert (naja, wenn die wirklich noch von Herodes waren). Außerdem rausgefunden, dass man auf dem Aquädukt rumlaufen kann und es sogar irgendwie vielleicht ein ausgezeichneter Wanderweg ist... zumindest gabs so Streifen auf den Steinen...


Noch ein anderer Day-Trip war mit Valentin noch ein (hoffentlich nur für ihn) letztes Mal nach Jerusalem. Wieso ich bisher nie den Rundgang auf den Stadtmauern gemacht hab, ist mir ein Rätsel, es ist nämlich total schön da oben mit der Aussicht aufs Jaffator, auf die Neustadt, Silwan und so weiter. Auf dem Markt, nachdem ich erstmal angefangen hatte nur Fotos von all den T-Shirts zu machen, hab ich mir irgendwann doch eins gekauft und dann sogar zwei... hoffe ich werd irgendwelche Gelegenheiten finden, wo ich die tragen kann, da ich heute beim International Visitors Meeting noch eins vom Technion bekommen hab - muss ab jetzt wohl öfter schlafen und zum Sport gehn ;-)


Ansonsten fällt mir jetzt nichts besonderes mehr ein. Für nächste Woche haben wir Mädels aber nen neuen Trip vor: Wir leihen uns ein Auto aus, dann gehts über Jerusalem zum Toten Meer und nach Ein Gedi, abends schlafen wir in nem Beduinenzelt in der Wüste (mit Frühstück! bin gespannt), damit wir da am nächsten Morgen ein bisschen wandern können. Abends zurück in Haifa gibts großes Abendessen und Geburtstag von nem Neuen feiern bei mir(uns), und hoffentlich schaffen wirs dann am nächsten Morgen in den Golan zu einem Nationalpark, wo laut meiner Mitbewohnerin jetzt zur Zeit total viele Blumen blühen sollen...

Bis dann!
ps: abbys blogpost ist natürlich schon lange fertig.

Mittwoch, 23. Februar 2011

אביב

Es ist so extrem schönes Frühlingswetter! Bei 22 Grad und Sonnenschein hab ich heute in der Bibliothek meine Bücher zurückgegeben und mich dann ohne dringende Aufgaben mit nem bisschen was zu essen und zu lesen in der Mitte vom Campus auf die Wiese gesetzt. Dabei Doron und Ahmad kurz getroffen und mich beim Nachhauseweg unerklärlicherweise auf einmal wie zuhause gefühlt - ich glaube das Wetter ist grade einfach wie in Deutschland an den schönsten Tagen im Jahr. Viele Grüße an alle zuhause in der Kälte und im Schnee(?), ich bring das Wetter dann mit, wenn ich wiederkomme! ;-)

Montag, 21. Februar 2011

טיולים

So, nachdem ich mich jetzt wieder ein Wochenende lang ausgeruht hab, kann ich wieder erzählen ;-)
Hatte letzte Woche Besuch (Johannes und Bernhard) und nachdem meine Klausur so halbwegs schlecht lief (64/100 Punkte) sind wir danach ein paar Tage zusammen im Land gereist. Jerusalem, Beit Hanina, Ramallah, Jericho, Haifa, Akko, Tel Dan und Gamla Nationalpark, Tiberias, Kfar Nahum (Kapharnaum) in vier Tagen ist schon ganz schön ordentlich, find ich. Von allem einzeln zu erzählen ist wohl doch ein bisschen zu viel, deswegen nur so ein paar Highlights:

Die Nationalparks im Golan waren total schön. Ich hab eigentlich immer schon gehört, dass man da unbedingt mal wandern sollte und wie außergewöhnlich schön die Natur im Golan ist, aber musste erstmal wirklich da auf dem Feld stehen und einmal rings im Kreis rumschauen, wo außer uns einfach kein Mensch zu sehen war.


In Tel Dan hats leider so den ganzen Tag geregnet, wir hatten so ne kurze Regenpause, während wir im Park waren. Der war teilweise sogar rollstuhlgerecht, was normalerweise langweilig gewesen wäre, aber bei dem Regen eigentlich ganz praktisch für die Schuhe. Nass sind wir trotzdem geworden, aber hat sich gelohnt.

In Gamla hab ich einen neuen Lieblingsplatz entdeckt. Auf den Turmruinen der alten Stadt Gamla in der (mitten im Winter ausnahmsweise mal nicht, wie im Reiseführer angekündigt, "erbarmungslos niederbrennenden") Sonne ein bisschen zu schlafen, das ist einfach nur genial. Mit dieser Sicht auf einem Hügel zwischen zwei Schluchten und Wasserfall, wow.


Und das beste: es gibt immer noch viele andere Nationalparks da in der Gegend, die ich noch nicht gesehen hab... Gan HaSchloscha soll zum Beispiel auch sehr toll sein...

In Kfar Nahum am Wasser ist es auch super schön, man kann direkt ans Wasser, es gibt Steine, Kakteen, Oliven, Eidechsen, Krebse (zumindest haben wir welche gesehen) und der Eintritt kostet nur drei Schekel (etwa 60 Cent). Ganz kostenlos kommt man in den Garten vom Gästehaus Tabgha (zumindest wenn man nur zu dritt ankommt und den Wächter am Eingang überzeugen kann, dass man weiß, was man tut und auch wirklich da rein will anstatt zur Kirche). Da drin ist es total schön angelegt und ich weiß nicht, was eine Übernachtung kostet, aber sie könnten dafür auf jeden Fall einiges verlangen.

Das solls für heute mal gewesen sein - bin zu faul um grade noch mehr zu schreiben - und morgen ist auch noch ein Tag, an dem nämlich Timo endgültig aus Israel verabschiedet wird... und das heißt früh aufstehen.

Sonntag, 13. Februar 2011

West Bank, diesmal nicht auf Hebräisch

Letzte Woche hab ich nochmal fast drei Tage in der Westbank verbracht. Man merkt das teilweise erst mit der Zeit, wie anders es doch ist in einer Zone, wo die Leute normalerweise nicht nach Israel können und auch keine Israelis reinkommen, wo die Gesellschaft deutlich islamisch geprägt ist, alle arabisch sprechen und Israel nicht sonderlich beliebt ist. Wir waren eigentlich nur in der A-Zone, das heißt in den großen Städten, die rein von der Palästinensischen Autonomiebehörde verwaltet werden und das israelische Militär ausnahmsweise mal nichts zu sagen hat. This Time: Ramallah, Bethlehem und Hebron.
Ramallah, vielleicht sowas wie die Hauptstadt Palästinas, wenn man das so nennen will, wo sich auch das Vertretungsbüro der BRD befindet, ist eine ziemlich wenig touristische Stadt. (Man erkennt Touristen in der Westbank, deutlich, an Aussehen, Kleidung, Sprache, Verhalten. In Israel ist das nicht immer soo offensichtlich.) Abends, wenn die Sonne untergeht und die Stadt leerer wird, sitzen die Einheimischen in Cafes, rauchen Shisha, trinken Kaffee und spielen Karten. Das heißt, nur die Männer eigentlich. Es hat eigentlich immer so gewirkt, als dürften Frauen hier gar nicht rein, bis uns dann mal ein Ladenbesitzer beim neugierigen Reingucken erwischt und uns überzeugt hat, dass wir "Welcome, Welcome" sind. Ein weitverbreitetes englisches Wort übrigens. Drin haben sich wirklich ausnahmslos alle erstmal neugierig umgedreht und uns ne Weile begutachtet, mehr oder weniger offensichtlich, bis man sich wieder dem Kartenspielen zugewandt hat und wir in Ruhe den Kaffee trinken und den nächsten Tag planen konnten.
Beim Nachhauseweg in unser Hostel mussten wir nach dem Weg fragen und die unabsichtlich rausgerutschten spärlichen hebräischen Brocken brachten uns deutlich misstrauische Blicke ein. "Wait. Where are you from??" kann in dem Zusammenhang wohl auch übersetzt werden mit "Können wir euch wirklich weiter den Weg erklären oder sollten wir euch lieber doch stattdessen in der dunklen Ecke zusammenschlagen??" Glücklicherweise macht man mit Deutschland hier nichts falsch, und wir habens mit ner Menge an verschiedenen bunten alkoholfreien Zuckerwasser-Getränken aus dem Supermarkt im Gepäck zum Hostel zurück geschafft. Am nächsten Morgen noch die Altstadt besichtigt, nochmal Humus gegessen, im "Stars&Bucks" diesmal keine Tassen gekauft, aber mit ein paar Leuten geredet und ab gings mit dem Scherut Service-Taxi nach Bethlehem. (So einfach ist es echt nicht, das Hebräisch abzustellen...)
In Bethlehem gibt es abgesehen von den Kirchen, Andenkenläden etc. erstmal nicht besonders viel zu sehen. Anscheinend waren die örtlichen Jungs auch so gelangweilt, dass sie sich abends lange lange in den dunklen leeren Gassen rumgetrieben haben und uns ziemlich interessant fanden. Das ist schon seltsam, wenn so Kids um einen rumrennen und versuchen deine Haare anzufassen, weil sie davon anscheinend nicht genug kriegen können... allein wär ich da nicht gern gewesen. Übernachtet haben wir dann in nem Flüchtlingslager der UNO, naja nicht direkt, aber im Gästehaus auf dem Gelände. Warmes Wasser gabs zumindest für uns nicht, ob die Flüchtlinge das auch nicht haben oder vielleicht doch, wär noch interessant gewesen rauszufinden. Auf jeden Fall hat das interne Restaurant großen Wert drauf gelegt, dass sie keine israelischen Produkte verwenden ("We say NO to Israeli Products") und der Raum war auch ziemlich patriotisch dekoriert. Zum Glück hatte ich meine Touristen-Israel-Tasche vorher schon im Rucksack versteckt... Manche Taxifahrer finden es lustig, wenn man nicht so genau weiß, wo man hin will, die Leute sind generell sehr freundlich und hilfsbereit, es gibt mindestens einen guten Ort um abends wegzugehn (muss man aber erstmal finden!) und eine Medium Pizza kann ziemlich groß sein. Ansonsten gab es Knaffe und Torte zu essen, außerdem Banken, die nur Jordanische Dollar ausgeben und einen Markt, der mich für die nächsten paar Tage fast zum Vegetarier gemacht hat.
Im Service Taxi nach Hebron gabs drei Mädels mit Kopftüchern, die die coolen Ausländer wohl ziemlich interessant fanden und bestimmt einiges gelästert haben, während sie gegenseitig die Schminke nachkontrolliert habe - ich hätte schon echt gern arabisch verstanden, wieder mal. Oder Gedankenlesen, das wär auch toll. Hebron selbst ist - wow. Wie die anderen Städte auch laut, hektisch, vermüllt, auf den Straßen ein wildes Durcheinander von Menschen, Autos, Marktständen und so weiter. "Welcome Welcome" kann man mittlerweile nicht mehr hören, vor allem nicht von Händlern, die einem was verkaufen wollen. Zur Altstadt musste man sich erst durchfragen, dort gabs dann allerdings wieder einige Touristen, die sich die Mauern und die Situation zwichen palästinensischen Stadtteilen und israelischen Siedlungen angucken wollen. Ein Engländer musste sichtlich beeindruckt bei mir loswerden, dass es hier doch wie in Berlin in den 70ern ist und einfach nur "shocking".

So langsam wurde man das Gefühl gewohnt, nur als Tourist für ein paar Tage hier zu sein und eigentlich nichts mit Israel zu tun zu haben, vor allem nicht Hebräisch zu können und schon gar nicht "drüben" zu wohnen. Eine Führung von nem jungen Palästinenser von "Christian Peacemaker Teams", der die Situation erklärt und uns Siedlungen, Wachttürme, Checkpoints, Soldaten, Mauern und Straßen gezeigt hat. Zu wissen, dass der einsame Soldat mit Waffe da oben im Wachtturm, den zu fotografieren streng verboten ist, genauso ein Student im jährlichen Reservedienst sein kann, der in ein paar Wochen vielleicht wieder mit mir zusammen in der Uni sitzen und auf ne Klausur lernen könnte.

Und dann das Rausgehen auf die andere Seite. In eine Synagoge, Abrahams Grab, eins der wichtigsten Heiligtümer des Judentums. Da war grade ein Gottesdienst und es war so krass, die ganzen Siedler zu sehen, alles religiöse Leute und unglaublich ergriffen von dem Ort und den Gräbern von Abraham, Sarah und so weiter. Und die israelischen Soldaten am Eingang zur Moschee zu verstehen, die die "drei Touristen" über Funk weitermelden und miteinander auf hebräisch über uns reden ("altes Deutschland oder neues Deutschland?" - übrigens der einzige negative Kommentar über unsere Geschichte, den ich bisher im Land gehört hab). Leere Straßen, über die ab und zu eine vereinzelte verschleierte Frau geht, die noch vor den Schließzeiten der Straßensperren auf die andere Seite will. Geteilte Straßen für Palästinenser und Siedler mit einer Abtrennung, die sich nicht wirklich in der Mitte befindet.
Die Heimreise auch wie immer etwas komplizierter, nach Jerusalem kommen die Leute üblicherweise nicht. Man muss erst nach Bethlehem fahren, von dort aus gibts Busse nach Jerusalem, sofern man im Besitz eines Visums ist. Oder auch noch andere Möglichkeiten nach Ostjerusalem oder nur zum Checkpoint. Auf jeden Fall ist es umständlich, und die hilfsbereiten Fahrer der Service-Taxis können ne Weile über den besten Weg beraten und jeder hat ne andere Erklärung bereit.

Alles in allem ein sehr lohnenswerter Ausflug, selbst wenn ich in allen Städten eigentlich vorher schon gewesen bin, war es in der Kombination, auf eigene Faust und am Stück ein nochmal ganz anders eindrückliches Erlebnis... Mehr Fotos zur ganzen Geschichte gibts hier, und selbst falls ich jetzt meine Klausur morgen nicht bestehen werde, hätte sich der Trip immer noch gelohnt.